Vergütung und Anreize

Das Thema Vergütung und Anreize umfasst den Prozess der Gehaltsfestlegung, die eingesetzten Anreiztypen und die Frage der Gehalts(un)gleichheit.

Eine neue Perspektive

In Teal-Organisationen wird die Vergütung nicht nur auf andere Weise festgelegt, sondern hat auch einen grundlegend anderen Charakter und Stellenwert. In der Regel weisen diese Organisationen folgende Merkmale in Sachen Vergütung auf:

  • Die Mitarbeitenden legen ihre Gehälter unter Anleitung des Kollegenkreises selbst fest.

  • Es gibt keine personen- oder teambezogenen Anreize, da man davon ausgeht, dass Anreize die Menschen von ihrer intrinsischen Motivation entfernen und ihr Verhalten entsprechend verändern.

  • Auch wenn nicht explizit versucht wird, eine egalitäre Gehaltsstruktur zu schaffen, so scheint man in diesen Organisationen doch bestrebt zu sein, die mitunter extremen Gehaltsunterschiede zu verringern, die heute in vielen Branchen zu beobachten sind. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf sicherzustellen, dass die Geringverdienenden mit ihrem Einkommen ihren Grundbedarf decken können.

Im Gegensatz dazu lassen sich Vergütungen und Anreize in Organisationen der Vorstufen wie folgt darstellen:

Rote Organisationen

Nach dem roten Paradigma ist es das Vorrecht des Chefs, nach Lust und Laune über Gehaltserhöhungen oder -kürzungen zu entscheiden. Es gibt keine formellen Prozesse für Gehaltsverhandlungen oder die Dokumentation von Anreizen.

Bernsteinfarbene Organisationen

Nach dem bernsteinfarbenen Paradigma ist die Vergütung in der Regel festgeschrieben und wird durch die Hierarchiestufe einer Person oder durch ein anderes festes Statusmerkmal (z. B. die Art des Hochschulabschlusses) bestimmt. Es gibt keine individuellen Gehaltsverhandlungen oder Anreize. Es gilt "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".

Orange Organisationen

Nach dem orangefarbenen Paradigma wird das Grundgehalt individuell ausgehandelt, und die Mitarbeitenden werden in der Regel in Gehaltsgruppen eingeteilt. Die Vorgesetzte hat einen gewissen Spielraum, um das Gehalt eines Mitarbeitenden innerhalb dieser Gehaltsspanne zu erhöhen. Man glaubt fest an individuelle Ziele und Anreize. Wenn die Mitarbeitenden die vorgegebenen Ziele erreichen (die idealerweise zu einem Kaskaden-System von Zielen oder Budgets gehören, das auf eine hohe Wertschöpfung für die Aktionäre ausgerichtet ist), erhalten sie einen hohen Bonus. Starke Gehaltsunterschiede zwischen Spitzen- und Geringverdienenden werden akzeptiert, da sie die Verdienste und Beiträge der Mitarbeitenden widerspiegeln.

Grüne Organisationen

Nach dem grünen Paradigma glaubt man an Kooperation und Wettbewerb zugleich. Individuelle treten hinter Team-Anreizen zurück. Es wird versucht, den Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Einkommen im Arbeitsumfeld zu verringern, z. B. durch ein maximales Vielfaches zwischen dem Gehalt des CEO und dem mittleren (oder niedrigsten) Gehalt im Unternehmen.

In der Praxis

Wie und von wem Gehälter festgelegt werden

In traditionellen Unternehmen werden Gehälter üblicherweise nach der Organisationshierarchie festgelegt. In der Regel kann eine Führungskraft über Gehaltserhöhungen ihrer Teammitglieder entscheiden – oft entlang der Richtlinien oder nach Genehmigung durch die Personalabteilung oder Institution. In selbstorganisierten Unternehmen ohne Vorgesetzte muss das Verfahren zur Festlegung von Gehältern und anderen Vergütungsarten unter Mitwirkung des Kollegenkreises neu erfunden werden. Offenbar gibt es zwei große Systemkategorien: Systeme, die auf einer Rangfolge beruhen, und Systeme, die auf Selbstbestimmung (Beratung) basieren. [Beide können auch innerhalb hierarchischer Strukturen eingesetzt werden. Sie erfordern keine selbstorganisierten Systeme.]

Ranglistensysteme

In einigen Unternehmen, wie z.B. bei W. L. Gore oder HolacracyOne, erstellen die Mitarbeitenden Ranglisten oder bewerten die Beiträge im engsten Kollegenkreis. Auf der Grundlage dieser Bewertung werden die Mitarbeitenden in der Regel durch einen Algorithmus oder einen Ausschuss in verschiedene Gehaltsgruppen eingeteilt. Personen, deren Beitrag als höherwertig eingeschätzt wird, kommen in höhere Gehaltsgruppen. Die weniger erfahrenen Kollegen werden in niedrigeren Gehaltsgruppen eingestuft. Dieser Prozess ist leicht nachzuvollziehen und wird im Allgemeinen als gerecht empfunden. Wenn nicht nur eine Person (die Chefin), sondern viele Kollegen einer Person einbezogen werden, spiegelt das daraus resultierende Gehalt den Beitrag dieser Person voraussichtlich fairer wider.

Solche Systeme können dazu führen, dass das Gehalt im Laufe der Jahre je nach individuellem Beitrag schwankt (nach oben, aber auch nach unten). In vielen Ländern verhindert das Arbeitsrecht, dass die Gehälter sinken, so dass diese Methode angepasst werden muss. So könnte das System beispielsweise nur dazu verwendet werden festzustellen, welche Kolleginnen eine Gehaltserhöhung erhalten sollten. Ein anderes System sähe ein niedriges Festgehalt vor und ließe nach oben oder unten schwankende individuelle Boni zu.

Selbstbestimmte (beratungsbasierte) Systeme

Bei einer leistungsfähigeren Version legen die Mitarbeitenden in Abstimmung mit ihrem Kollegenkreis ihre Gehälter selbst fest. In diesem Fall schlagen die Mitarbeitenden in der Regel einmal im Jahr vor, welche Gehaltserhöhung sie für sich selbst für angemessen halten und warum. Diese Vorschläge werden im Kollegenkreis geprüft (z. B. durch eine Beratungsgruppe für Gehälter), die auf der Grundlage einer kollegialen Abstimmung eine individuelle Empfehlung zum einzelnen Vorschlag abgeben. Das Individuum kann dann entscheiden, ob es diese Empfehlung annimmt oder nicht. Diese Entscheidung wird für alle sichtbar gemacht. Die Beratungsgruppe kann, sofern sie es wünscht, den Konflikt erläutern und einen Lösungsprozess in Gang setzen.

Dieses Verfahren verhindert weitestgehend das Feilschen, Taktieren, Jammern und "Einschleimen", das oft bei der Gehaltsfestsetzung durch Vorgesetzte folgt. Wenn Menschen mit ihrem Gehalt unzufrieden sind, können sie es einfach erhöhen. Sie werden jedoch die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen müssen, wenn sie sich zu weit von den Empfehlungen ihrer Kollegen entfernen.

Einsatz von Anreizen

Im Teal-Paradigma haben intrinsische gegenüber extrinsischen Motivatoren einen höheren Stellenwert. Sobald Menschen genug Geld verdienen, um ihren Grundbedarf zu decken, wird sinnvolle Arbeit und die Möglichkeit, seine Talente und Berufung am Arbeitsplatz zum Ausdruck zu bringen, wichtiger. In seinem Buch „Drive“ kommt Daniel Pink auf der Basis umfangreicher Forschungsarbeiten zu dem Schluss, dass Anreize in den komplexen Arbeitsumgebungen von heute meistens kontraproduktiv sind und die Leistung der Mitarbeitenden eher verringern als steigern.

Folglich arbeiten Teal-Organisationen im Allgemeinen ohne explizite finanzielle Anreize auf individueller Teamebene. Niemand, nicht einmal Vertriebsmitarbeitende, hat Zielvorgaben oder Anreize. Es gibt selten individuelle Boni oder Aktienoptionen. Stattdessen wird am Ende hochprofitabler Jahre ein Teil des Gewinns an die Mitarbeitenden ausgeschüttet. In einigen Fällen erhält jeder den gleichen festen Prozentsatz des Grundgehalts, in anderen den gleichen Fixbetrag.

Siehe auch Eigentumsverhältnisse.

Ungleichheit bei der Vergütung

Ohne Boni und Aktienoptionen verringert sich die Ungleichheit bei der Vergütung automatisch, da Gehaltsunterschiede in den heutigen Fortune-500-Unternehmen größtenteils auf die oft exorbitant hohen CEO Boni und Aktienoptionen zurückzuführen sind. Einige Unternehmen bemühen sich auch bewusst um eine Begrenzung der Ungleichheit beim Grundgehalt. Manche Organisationen wie AES und FAVI haben die Stundenlöhne durch Monatsgehälter für die Mitarbeitenden im Fertigungsbereich ersetzt und damit die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten beseitigt. Alle werden nach den gleichen Grundsätzen entlohnt.

Häufig gestellte Fragen

Der Beratungsprozess (und der eventuell benötigte Konfliktlösungsprozess) verhindert im Allgemeinen, dass eine Person eine unangemessene Gehaltserhöhung bekommt. Man könnte jedoch fragen: "Was verhindert eine (sogar unbewusste) Form von Absprache, bei der sich jeder eine kräftige Gehaltserhöhung gewährt, so dass sich das gesamte Gehaltssystem in einem Maße aufbläht, dass es den Aktionärinnen oder sogar dem Zweck der Organisation schaden könnte?" Für die Pionierorganisationen, in denen Mitarbeitende ihre Gehälter selbst festlegen, scheint dies kein Problem zu sein. Sie gehen folgendermaßen vor:

  • In einigen Organisationen (z. B. Morning Star in Kalifornien) müssen alle Mitarbeitenden ihre Gehälter der marktüblichen Vergütung gegenüberstellen. Dort legt man beispielsweise eine Faustregel fest, wonach die Gehälter nicht höher als 110% des Branchendurchschnitts sein sollten. Man könnte dies mit dem Argument begründen, dass zu hohe Gehälter weniger Investitionen und Entwicklungen erlauben, die Organisation schlechter in der Lage ist, ihren Zweck zu erfüllen, oder dass sie sich den Aktionären gegenüber unfair verhält.

  • Viele der untersuchten Unternehmen sind sehr profitabel und zahlen hohe Gewinnbeteiligungen. Die Mitarbeitenden von FAVI erhalten auf diese Weise in der Regel den Gegenwert von 17 oder 18 Monatsgehältern. Die Idee ist also, die Vergütung an den Branchengepflogenheiten zu orientieren und, wenn die Gewinne es zulassen, das Gehalt durch Beteiligungen aufzustocken. Dies verringert den Anreiz eigener Grundgehaltserhöhungen, da man weiß, dass in schlechten Zeiten die Arbeitsplätze sicherer sind, wenn das Gehaltsniveau insgesamt nicht zu hoch liegt.

  • Einige Organisationen (wie FAVI in Nordfrankreich) halten eine einfache, unternehmensübergreifende Faustregel für sinnvoll: Die Einnahmen werden in X% für Gehälter, Y% für Materialkosten und Z% für Investitionen aufgeteilt, so dass ein gesunder Satz von P% an Gewinn übrigbleibt. Jeder scheint diese Regel als vernünftig zu akzeptieren. Dies ist die Grundlage für die Gewinnbeteiligung. Falls erforderlich, könnte der Arbeitskreis Vergütung diese Parameter allen im Voraus mitteilen, z.B. in Jahren mit geringer Rentabilität.

Wenn eine Information geheim ist, erzeugt sie Gerüchte. Aus welchem Grund sollten Gehaltsinformationen geheim gehalten werden? Wahrscheinlich aus der Überlegung heraus, dass manche Leute angesichts gewisser Informationen schockiert wären und behaupten würden, die Gehaltsverteilung sei nicht gerecht.

Aus der Teal-Perspektive sollten solche Diskussionen weder gefürchtet noch gemieden, sondern in produktive Bahnen gelenkt werden. Sie können dazu beitragen, unausgesprochene Probleme und versteckte Missstände ans Licht zu bringen. Sie können den Menschen helfen, im Rahmen des Prozesses ihren Beziehungen zueinander und zum Geld zu verbessern. Und vielleicht sogar, um Ungerechtigkeiten zu korrigieren, die sich im Laufe der Zeit tatsächlich eingeschlichen haben.

Aus diesem Grunde entscheiden sich viele Organisationen dafür, Informationen vollständig transparent zu machen. Der Hersteller von Social-Media-Apps, Buffer, veröffentlicht sogar die Gehälter aller Mitarbeitenden online. Einige Firmen, wie das tomatenverarbeitende Unternehmen Morning Star, haben sich dafür entschieden, die Prozentsätze der Gehaltserhöhungen intern zu kommunizieren, jedoch nicht die Grundgehälter. Das könnte ein Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Transparenz sein.

Es gibt Beispiele von selbstorganisierten Unternehmen, in denen die Mitarbeitenden freiwillig beschlossen haben, ihre Gehälter vorübergehend kürzen zu lassen, um einen Abschwung zu überstehen und so Entlassungen zu vermeiden. In selbstorganisierten Unternehmen sind in der Regel alle Informationen öffentlich; es besteht im Allgemeinen ein hohes Maß an Reife und Kompetenz der Belegschaft in finanziellen Angelegenheiten. Wenn in einer traditionellen Organisation die Einnahmen zurückgehen und das Unternehmen mit hohen Verlusten konfrontiert wird, werden in der Personalabteilung oft insgeheim Pläne für Entlassungen geschmiedet. In selbstorganisierten Unternehmen sieht jeder den Sturm kommen. Irgendwann ruft jemand alle zusammen (oder lädt in einer großen Organisation vielleicht Repräsentanten aller Bereiche ein) und fragt: „Was sollen wir tun?“ Aus der Gruppe heraus entstehen Lösungen, die in vielen Fällen darauf hinauslaufen, dass alle einer vorübergehenden Gehaltskürzung zustimmen (wobei die höchsten Gehälter oft am stärksten betroffen sind).

Semco, das brasilianische Unternehmen, das durch Ricardo Semlers Bestseller Maverick bekannt wurde, hat ein "freiwilliges Risikoprogramm" eingeführt, um solche Gehaltskürzungen zu institutionalisieren und das Unternehmen in Krisenzeiten zu schützen (wovon Brasilien in den letzten Jahrzehnten häufig betroffen war). Den Mitarbeitenden wird die Option eines Risikolohnprogramms angeboten. Sie nehmen eine Gehaltskürzung von 25% hin und erhalten dann einen Zuschlag, der ihre Vergütung in einem guten Wirtschaftsjahr auf 125% erhöht. Läuft es im Unternehmen schlecht, erhalten sie nur 75% ihres Gehalts. Da die guten Jahre die schlechten überwiegen, ist das Angebot für risikobereite Mitarbeiter vorteilhaft.

Selbstorganisation

Selbstbestimmte oder rangbasierte Gehälter sind ein wichtiger Faktor für das Selbstmanagement: In traditionellen hierarchischen Strukturen entscheiden die Vorgesetzten über die Gehaltserhöhungen und Boni ihrer Mitarbeitenden. In selbstorganisierten Systemen ist es notwendig, auf kollegiale Vergütungsmechanismen umzustellen.

Dennoch können selbstbestimmte oder rangbasierte Systeme auch innerhalb traditioneller hierarchischer Strukturen eingeführt werden. Sie können ein Schritt in Richtung Selbstorganisation sein. Wo ein vollständiges Selbstmanagement nicht möglich ist (z. B. wenn der Vorstand nicht akzeptiert, dass die Organisation ihre Pyramidenstruktur aufgibt), kann es ein wichtiger Schritt sein, das Machtgefälle zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden abzuschwächen und einen teambasierten, kooperativen Geist zu schaffen.

Ganzheitlichkeit

Wenn es eine Chefin gibt, die über das Gehalt einer Person entscheidet, ist die Versuchung groß, ihr alles recht machen zu wollen, sich ihren Erwartungen anzupassen und nicht authentisch zu sein. Wenn nicht eine Person, sondern eine große Anzahl von Kollegen, mit denen man zusammenarbeitet, über die Gehaltserhöhung entscheidet, entspannen sich die meisten Menschen automatisch und werden offener. Auf diese Weise erleichtern selbstbestimmte oder rangbasierte Vergütungsmechanismen den Kolleginnen, sich ganzheitlich zu zeigen.

Sie helfen uns auch, eine erwachsene Haltung zur Vergütung einzunehmen. Traditionelle Chef-Untergebenen-Beziehungen führen dazu, dass sich die Mitarbeitenden wie Kinder und die Vorgesetzen wie Eltern verhalten. Selbstbestimmte oder rangbasierte Vergütungssysteme machen einen Großteil des Taktierens, Feilschens und Jammerns um die Vergütung überflüssig und zwingen alle dazu, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Evolutioärer Zweck

Die Verbindung zwischen evolutionärem Zweck und Vergütungspraktiken zeigt sich in Krisenzeiten. Es gibt mehrere dokumentierte Fälle von Selbstorganisationen, in denen sich Mitarbeitende bei einem starken Abschwung freiwillig dazu entschließen, ihre Bezüge vorübergehend zu kürzen, um Entlassungen zu vermeiden. In selbstorganisierten Unternehmen verfügen die Mitarbeitenden häufig über ein hohes Maß an Finanzwissen und Reife und entscheiden sich dafür, dazu beizutragen, die Arbeitsplätze ihrer Kolleginnen zu sichern und die Fähigkeit der Organisation zu erhalten, ihren Zweck mit all ihren Fähigkeiten und Ressourcen zu verfolgen.

Teal-Organisationen gehen davon aus, dass der Einzelne nach der Befriedigung seiner Grundbedürfnisse in erster Linie durch intrinsische Faktoren wie das Streben nach einem Ziel motiviert ist. Daher haben sie in der Regel nicht das Primat der Entlohnung, einschließlich zusätzlicher Anreize, wie es für orange oder sogar grüne Organisationen typisch ist.

Konkrete Fälle als Inspiration

Buffer praktiziert radikale Transparenz, und der Prozess beruht auf selbst festgelegten Gehältern im Rahmen des Beratungsprozesses.

Gehaltsbestandteile

Das Verfahren zur Festsetzung des Gehalts bei Buffer basiert auf einer Formel mit 5 Komponenten:

  • Basiskomponente: Eine allgemeine Basisstufe für jede Rollenart
  • Standort: Lebenshaltungskosten in der Stadt jedes Teammitglieds (sie verwenden Numbeo, um dies zu ermitteln)
  • Familie: eine Zulage für Kinder, Eltern, Partner oder andere abhängige Personen
  • Laufbahn: Die Laufbahn korreliert mit der erweiterten Rolle, der Führungsrolle und der Häufigkeit, mit der ein Teammitglied um Rat gefragt wird.
  • Erfahrung: Wertschätzung des Zuwachses an Fähigkeiten und Wissen, den die Teammitglieder im Laufe der Zeit erwerben


Beratungsprozess

Jede Person hat die Möglichkeit, jede dieser Komponenten so anzupassen, wie es für sie angemessen erscheint, wobei die Formel als allgemeine Richtlinie dient. Wenn Sie z. B. in der Kategorie C eingestuft sind, aber mehrere Monate lang durch mehrere B-Städte reisen, können Sie sich für einen Wert zwischen diesen beiden entscheiden.


Gehalts-Sondierungsgremium

Ein Schlüsselelement dieses Prozesses ist das "Gehalts-Sondierungsgremium". Dabei handelt es sich um eine rotierende Gruppe von Teammitgliedern, deren Aufgabe es ist, bei der Suche nach einem Gleichgewicht für Gehaltsanpassungen aus einer übergeordneten Perspektive zu beraten.

Das Sondierungsgremium hilft bei jeder Gehaltsanpassung, ein Gleichgewicht zu finden, und zwar mit verschiedenen Methoden, die sich je nach Situation ändern können. Einige Ansätze könnten sein:

  • Vorschlagen von Teammitgliedern, die eine nützliche Perspektive für eine Gehaltsanpassung bieten könnten und die vielleicht noch nicht um Rat gefragt oder angehört worden sind
  • Förderung von Transparenz durch offene Diskussionen und Beratung
  • Ermutigung zur Ehrlichkeit im Beratungsprozess, auch wenn es schwierig ist (z. B. wenn jemand eine Gehaltsanpassung für zu hoch hält)
  • Wahrnehmung von Anpassungen (oder fehlenden Anpassungen), die sich unausgewogen anfühlen

Das Sondierungsgremium achtet darauf, wie die Gehaltsanpassungen im gesamten Unternehmen ablaufen, damit der Prozess gesund und ermutigend bleibt und gleichzeitig ein Gleichgewicht zwischen allen Perspektiven und dem finanziellen Wohlergehen von Buffer insgesamt hergestellt wird.

Transparenz

Die Vergütung eines jeden Kollegen bei Buffer ist öffentlich, nicht nur für die Kollegen selbst, sondern auch für die Außenwelt. [1]

Die Mitarbeitenden legen ihre Gehälter anhand von vier einfachen Fragen selbst fest.

Bei Elbdudler bestimmen die Mitarbeitenden ihre eigenen Gehälter mit Hilfe der folgenden vier Fragen zur Reflexion und Selbsteinschätzung:

  • Was brauche ich?
  • Was ist mein Marktwert außerhalb von Elbdudler?
  • Wie viel verdienen meine Kolleginnen und Kollegen?
  • Was kann sich das Unternehmen leisten?

Alle Gehaltsentscheidungen sind transparent. Bis jetzt hat noch niemand unverschämt überzogen. Falls jemand ein relativ hohes Gehalt verlangt, kann der Kollegenkreis ihn oder sie um einen Vorschlag bitten, wie das Unternehmen mehr Geld verdienen könnte. Es liegt dann an dieser Person, den Plan in die Tat umzusetzen. [2]

HolacracyOne, das kleine Beratungs- und Schulungsunternehmen, das hinter Holacracy steht, verwendet einen Ranking-Mechanismus, der einen Algorithmus speist, der die Kollegen in Gehaltsgruppen einteilt.

Einmal im Jahr füllen die Kollegen bei HolacracyOne eine Umfrage für alle ihre Kollegen aus, die nur aus zwei Fragen besteht:

  • "Diese Person trägt (viel) mehr oder (viel) weniger bei als ich". (Auf einer Skala von -3 bis +3)
  • "Diese Person hat eine gute Grundlage, um mich zu bewerten." (Auf einer Skala von 1 bis 5)

Ein einfacher Algorithmus geht die Antworten durch und teilt das Kollegium in verschiedene Gehaltsgruppen ein. Die erfahreneren, sachkundigeren und fleißigeren Mitarbeiter landen in den höheren Gehaltsgruppen; die jüngeren, weniger erfahrenen Kollegen werden natürlich in die niedrigeren Gehaltsgruppen eingeteilt.[3]

Gehälter werden auf eigene Initiative festgelegt und mit Hilfe eines Gehaltsausschusses (und falls erforderlich im Rahmen eines Konfliktlösungsverfahrens) angepasst.

Wenn Sie bei Morning Star arbeiten, schreiben Sie einmal im Jahr zusammen mit allen anderen einen Brief, in dem Sie die eigene, aus Ihrer Sicht angemessene Gehaltserhöhung angeben und begründen. In einem ereignislosen Jahr werden Sie wahrscheinlich eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten wählen. Wenn Sie jedoch der Meinung sind, dass Sie anspruchsvollere Aufgaben übernommen oder einen besonderen Beitrag geleistet haben, können Sie einen höheren Prozentsatz bestimmen. Sie untermauern das Schreiben mit dem Feedback Ihrer CLOU-Kollegen (d.h. den Personen, mit denen Sie ein Jahr zuvor Einzelvereinbarungen getroffen haben) sowie mit allen relevanten Daten zu den Leistungsindikatoren in Ihrer Verantwortung.

Anschließend senden Sie Ihr Schreiben an den Vergütungsausschuss. An jedem der vier Standorte des Unternehmens gibt es einen solchen Ausschuss. Seine Aufgabe besteht darin, alle Schreiben zu prüfen, zu bewerten und zu kommentieren. Der Ausschuss könnte zu dem Schluss kommen, dass Sie zu bescheiden mit Ihren Leistungen waren und eine höhere Gehaltsanpassung in Betracht ziehen sollten. Oder er sagt Ihnen, dass die selbst gewählte Gehaltserhöhung im Vergleich mit anderen zu hoch erscheint. Der Ausschuss hat nur beratende Funktion und kann keine Entscheidung erzwingen, aber das Verfahren zur Gehaltsfindung wird als Teil des Morning Star Prozesses zum Erlangen von Einvernehmen (Gaining Agreement) verstanden. Wenn Sie den Rat des Ausschusses, Ihre Gehaltsvorstellung zu senken, ignorieren, kann der Ausschuss beschließen, mit Ihnen den Gaining Agreement Prozess zwecks Konfliktlösung zu starten mit Raum und Zeit für eine eingehendere Untersuchung, wo die Einschätzungen voneinander abweichen, und mit dem Ziel einer Einigung.

Morning Star hat die Erfahrung gemacht, dass Menschen bemerkenswert geschickt darin sind, eine faire Vergütung für sich selbst zu finden. Jedes Jahr entscheidet sich etwa ein Viertel der Mitarbeitenden für eine Gehaltserhöhung, die über dem Teuerungsausgleich liegt. Nur wenige Leute erhalten die Rückmeldung, dass sie möglicherweise zu hoch gegriffen haben. [4]

Der Artikel von Corporate Rebels über selbstbestimmte Gehälter beschreibt den Vergütungsausschuss bei Morning Star: https://corporate-rebels.com/self-set-salaries/

Persönliches Gespräch zwischen den Partnern zur Bestimmung ihrer Vergütung

In kleinen Organisationen können alle Mitarbeitenden in den Prozess der Gehaltsbestimmung und -beratung einbezogen werden. Bei einem gemeinsamen Treffen besprechen und würdigen sie Beiträge und entscheiden über ein angemessenes Gehalt für jede einzelne Person.

Realize!, eine vierköpfige Partnerschaft und Organisationsentwicklungsberatung mit Sitz in Amsterdam, Niederlande, legt die Gehälter auf diese Weise fest. (Anmerkung: Seit der Erstellung dieses Artikels hat Realize! seine Struktur und diesen Prozess geändert, wobei er weiterhin relevant und inspirierend ist.) Jedes Quartal treffen sich die vier Partner zu einer mit Spannung erwarteten Diskussion.

Die Sitzung beginnt mit dem traditionellen Geschäftsbericht und der Besprechung der Kundenaktivitäten, der wichtigen Ereignisse und Zahlen des letzten Quartals. Dann kommt der schöne (und zugleich heikle) Teil: Jeder Partner berichtet über seinen Beitrag im letzten Quartal; dazu gehören die geleistete Arbeit, die geleiteten Projekte und die Unterstützung anderer Personen. Während ein Partner spricht, können die anderen sich einschalten, um noch nicht Berichtetes hinzuzufügen, Lob auszusprechen oder Fragen zu stellen. Wenn die Gruppe fertig ist und das Gefühl hat, dass der Beitrag jedes Einzelnen gehört und gewürdigt wurde, macht jeder eine Pause, um in Ruhe über die Vergütung nachzudenken. Wie könnten die Einnahmen aus dem letzten Quartal so unter den Partnern aufgeteilt werden, dass der Beitrag aller berücksichtigt wird?

Irgendwann bricht einer der Partner das Schweigen mit einem Vorschlag. Manchmal fühlt sich der Vorschlag genau richtig an und wird auf der Stelle angenommen. Meistens bildet er die Grundlage für eine Diskussion: Ich finde, dass mein Beitrag hier oder dein Beitrag dort eine höhere Anerkennung verdient. Die Partner räumen ein, dass es letztlich nicht das Thema dieses Gesprächs ist, wie genau das Geld aufgeteilt werden soll. Die Diskussion dient einem höheren Zweck: Jeder soll das Gefühl haben, dass sein Beitrag voll und ganz gewürdigt wird und dass Innen- und Außenperspektive übereinstimmen (was ich weiß und was andere wahrnehmen). Es ist eine Übung in Sachen Offenheit, Vertrauen und Verletzlichkeit. Die vier Partner berichten, dass sie alle mit einer gewissen Nervosität in die Diskussion gehen und das Treffen mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit (und spontanen kollegialen Umarmungen) dafür beenden, dass sie Teil einer Partnerschaft sind, die auf einer solchen Ebene des Zuhörens und Vertrauens funktioniert.[5]

RHD hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die niedrigsten Gehälter anzuheben und Lohnunterschiede zu verringern.

RHD, eine in Philadelphia ansässige Non-Profit-Organisation, vertritt den Grundsatz, dass Gehaltserhöhungen möglichst zuerst den niedrigsten Gehältern überproportional zugutekommen sollten. Das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden ist auf das 14-fache des niedrigsten Gehalts in der Organisation begrenzt. Über das Vielfache kann man streiten (Ist es zu hoch oder zu niedrig?), aber RHD hat sich des cleveren Kniffs bedient, die Obergrenze für das höchste Gehalt nicht auf der Grundlage des Durchschnitts- oder Mediangehalts festzulegen, wie es viele „grüne“ Organisationen tun, sondern auf der des niedrigsten Lohns. Es ist im Interesse des CEO und der Führungskräfte sicherzustellen, dass auch die Mitarbeitenden mit der niedrigsten Qualifikation genug verdienen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Neben diesem direkten Fokus auf Einstiegsgehälter hat RHD einen Stipendienfonds eingerichtet, um Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Weiterbildung und Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten zu geben. Außerdem hat RHD eine Begleitwährung, den „RHD Equal Dollar“, eingeführt, der es schlechter bezahlten Personen ermöglicht, ihren Zugang zu Gütern und Dienstleistungen zu verbessern, indem sie untereinander und mit ihrer lokalen Gemeinschaft handeln.

Entwicklung der transparenten Gehaltsfestlegung vom Algorithmus zum Beratungsprozess.

Zusammenfassung

Im September 2014 machte Hanno Gehaltsinformationen aller Teammitglieder für den Rest des Teams offen zugänglich.

Nach der Erprobung eines Modells auf der Basis eines Algorithmus hat Hanno im Juni 2015 ein Gehaltsmodell mit Selbstbestimmung und Beratungsprozess eingeführt. Gründer Jon Lay sagt: „Solange wir völlige finanzielle Transparenz, Respekt für das Individuum, Peer-Review und Selbstdisziplin bei der Festlegung von Gehältern haben, können wir den Mitarbeitenden ver- und zutrauen, dass sie ein Gehalt festlegen, das für sie und ihr Team stimmig ist."[6]

Gehaltsfindungsprozess

Das läuft ungefähr so:

  • Um finanzielle Transparenz zu gewährleisten, werden alle Gehälter für das Team (auch „Schiffskameraden" genannt) veröffentlicht.
  • Alle drei bis sechs Monate findet ein offenes Briefing über den Finanzstatus von Hanno statt, in dem die „Schiffskameraden" über die Gehaltsentwicklung für den kommenden Zeitraum informiert werden - wobei es ihnen freisteht, diese Informationen zu hinterfragen oder zu ignorieren.
  • Es folgen Feedback- und Diskussionsrunden, bevor jeder „Schiffskamerad" seinen Gehaltsvorschlag für die nächsten 3-6 Monate in den Beratungsprozess gibt.
  • Nach weiteren Rückmeldungen und Diskussionen kann jeder „Schiffskamerad" seinen ursprünglichen Vorschlag anpassen (oder auch nicht).
  • Die neuen Gehälter werden dann dem gesamten Team bekannt gegeben.
  • Ein Gehaltsvorschlag kann nur dann abgelehnt werden, wenn ein echtes Risiko besteht, dass er den Interessen des Unternehmens schadet.

Nachteile des Algorithmus-Modells

Das vorherige Algorithmus-System (basierend auf dem Puffermodell) verwendete Additions-/Multiplikationsfaktoren unter Einbeziehung von Rolle, Expertise und Standort sowie eine Gründerkomponente. Man stellte bald fest, dass dieses Modell entweder schwierig anzuwenden war oder zu Ergebnissen führte, die den Zielen des Unternehmens entgegenstanden.

Besonders schwierig war es, die Gewichtung so anzupassen, dass die „Schiffskameraden" sowohl für Investitionen in persönliches Wachstum (neue Fähigkeiten/Expertise) als auch für die Erbringung von strategischem Geschäftswert (z.B. Networking, Geschäftsentwicklung) angemessen belohnt wurden. Zudem erwies es sich als schwierig, in einem derart starren Modell Faktoren wie unterschiedliche Elemente des Standorts zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass das Unternehmen für „Schiffskameraden" mit Familienangehörigen ausreichend attraktiv blieb.

Darüber hinaus wurde der Faktor „Gründer" als ungerecht empfunden (sogar vom Gründer selbst), zumal diese Rolle Einfluss auf die Gehaltsformel selbst hatte und daher in gewisser Weise immun gegen Kontrollen und Ausgleiche war.

Weitere Informationen

Einzelheiten zu dieser Entwicklung und dem weiteren Verlauf sind in Hannos Online-Logbuch dokumentiert.[7]

Im Gehaltsausschuss - vom Personal gewählt

Die Gehälter werden jährlich festgelegt. Jede Person gibt an, was sie ihrer Meinung nach verdienen sollte.

Die Gehälter werden von einem Gehaltsausschuss festgelegt, der aus vier vom Personal gewählten Personen besteht (vor 2021 wurde nur die Hälfte des Ausschusses vom Personal gewählt).
Dieser Ansatz wurde etwa 2015 eingeführt.

Er basiert auf einer Gesamtzahl, die die Mitarbeiter nach Prüfung der Gewinn- und Verlustrechnung des Vorjahres - und der Erwartungen für die Zukunft - festlegen.

Es ist unvermeidlich, dass die eingereichte Summe in der Regel höher ist als die Summe, die für die Gehälter vorgesehen ist. Daher werden die Zahlen oft gekürzt. Manchmal beschließt das Gehaltsgremium jedoch, dass das Gehalt einer Person höher sein sollte als das, was sie beantragt hat.

Verwandte Themen

    Anmerkungen und Referenzen


    1. Courtney Seiter, colleague at Buffer, May 2015 ↩︎

    2. http://www.mopo.de/geld/deutschlands-coolster-chef-er-laesst-mitarbeiter-selbst--ueber-ihr-gehalt-bestimmen,5066776,29007608.html ↩︎

    3. Übersetzt aus: Interview Frederic Laloux mit Tom Thomison, 2013 ↩︎

    4. Gary Hamel, "First, Let's Fire All the Managers", Harvard Business Review, Dezember 2011, http://hbr.org/2011/12/first-lets-fire-all-the-managers und Interviews mit Frederic Laloux beim Morning Star Self-Management Institute. ↩︎

    5. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), Seite 130 ↩︎

    6. https://logbook.hanno.co/choose-your-own-salary/ ↩︎

    7. https://logbook.hanno.co/choose-your-own-salary/ ↩︎