Change Management

In diesem Artikel wird der Unterschied zwischen traditionellem „Change Management" und dem evolutionären Veränderungsprozess nach Teal erörtert.

Eine neue Perspektive

Im Maschinenparadigma von Orange werden Organisationen als starre Systeme betrachtet, die über keine innere Fähigkeit zur Veränderung verfügen. Der Druck muss von außen kommen. Das ist die Aufgabe der obersten Führungsebene. Sie muss den Bedarf erkennen, Veränderungen herbeiführen und für die Umsetzung sorgen.

Darüber hinaus fällt der Anstoß zur Veränderung in Organisationen in Stadien vor Teal nicht leicht. Hier wird der Wandel als notwendiges Übel oder als Ergebnis von Führungsversagen betrachtet. Es ist Aufgabe des Managements, die Zukunft vorherzusagen und/oder zu kontrollieren und so Überraschungen zu vermeiden. Die Realität sollte mit einem gut geführten Budget und einem strategischen Plan übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, zögert das Management oft, sein vermeintliches Versagen einzugestehen. Und wenn es schließlich akzeptiert, dass sich die Welt um die Organisation herum verändert hat, während es weiterhin seinen Plan verfolgt, löst dies Unbehagen aus. Das Management muss nun entschlossen handeln und sich durchsetzen, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen.

Das Management geht davon aus, dass die Veränderung schmerzhaft, jedoch im Anschluss alles wieder in Ordnung sein wird. Und so beeilt man sich, die Maschinerie der Organisation neu zu gestalten. Es ist wenig verwunderlich, dass Menschen sich gegen aufgezwungene Veränderungen wehren. Um diesen Widerstand zu überwinden, sieht sich die Unternehmensleitung möglicherweise veranlasst, mit den Ängsten zu spielen. Sie beschuldigt feindliche Wettbewerbsmächte oder gigantische Umweltfaktoren, die das Überleben des Unternehmens bedrohen, wenn es nicht reagiert.

Der Wandel vollzieht sich also eher sprunghaft statt in einem fließenden, sich entwickelnden Prozess. Es handelt sich in der Regel um separate und disruptive Bewegungen von einem relativ statischen Zustand in den nächsten.

Im Gegensatz dazu haben lebende Systeme die Fähigkeit, Veränderungen in der Umwelt wahrzunehmen und sich von innen heraus anzupassen. In einem Wald gibt es keinen Meister-Baum, der plant und den anderen Bäumen vorschreibt, was zu tun ist, wenn der Regen ausbleibt oder der Frühling zu früh kommt. Das gesamte Ökosystem reagiert schöpferisch und im jeweiligen Moment. Teal-Organisationen gehen auf ähnliche Weise an Veränderungen heran. Die Mitarbeitenden werden ermutigt, das zu tun, was sie für notwendig halten. Sie sind nicht durch statische Stellenbeschreibungen, feste Berichtslinien oder funktionale Disziplinen eingeschränkt. Sie reagieren kreativ auf die aufkommenden, nicht-linearen Veränderungen des Lebens. Veränderung wird erwartet; sie geschieht ganz natürlich und ständig.[1]

Und so läuft organisatorischer Wandel in früheren Stadien ab:

Rote Organisationen

In Roten Organisationen wird der Wandel vom Chef gesteuert. Eine Rote Organisation kann sich in chaotischen Umgebungen oft schnell anpassen, weil die Führungskraft rasche Veränderungen einleitet – wenn nötig durch Einschüchterung. Veränderungen bestehen in der Regel aus unmittelbaren Reaktionen auf Risiken und Chancen und nicht auf allmähliche und längerfristige (wenn auch nicht weniger wichtige) Entwicklungen. Es wird kaum darauf geachtet, eingefahrene Verhaltensmuster der Mitarbeitenden im Laufe der Zeit zu ändern.

Bernsteinfarbene Organisationen

Das bernsteinfarbene Paradigma geht davon aus, dass die Welt im Wesentlichen unveränderlich ist (oder sein sollte): Was gestern stimmte, sollte auch heute und morgen wahr sein. Es baut auf einer geordneten Struktur und formalen, stabilen Prozessen auf. Veränderungen erfolgen in erster Linie durch kleine Maßnahmen, um bestehende Prozesse und Traditionen zu verbessern. Bernsteinfarbene Organisationen können einen starken Widerstand gegen die Notwendigkeit von Veränderungen leisten, vor allem wenn die Art der Veränderung ideologische Grenzen oder soziale Normen bedroht. Wenn äußere Kräfte die Notwendigkeit einer Veränderung fordern, wird diese von oben nach unten angeordnet, ohne dass über ein planvolles Vorgehen zwecks Minimierung des Widerstandes nachgedacht wird. In diesem Sinne kann kaum von "Veränderungsmanagement" die Rede sein.

Orange Organisationen

Orange Organisationen sind eher bereit, sich auf Veränderungen einzulassen. Innovation ist der Schlüssel zum Wettbewerbsvorsprung. Der Wandel sollte beständig sein. Da orange Organisationen in der Regel wie Pyramiden strukturiert sind, kann sich der Wandel leider schwierig gestalten. Das ständige Streben nach Veränderung, das durch die statische Natur der Organisation behindert wird, führte zur Entstehung des "Change Management" und einer ganzen Batterie an Instrumenten und einer Industrie von Beratungsfirmen, die Unternehmen dabei helfen sollen, den internen Widerstand gegen Veränderungen zu überwinden.[2]

Im orangen Paradigma stammt die vorherrschende Sichtweise auf den Wandel aus der Technik. Die typischen Schritte jeder Veränderung (z. B. Reorganisation, Umstrukturierung, Re-Branding, Neupositionierung usw.) bestehen darin, die Ist-Situation zu analysieren, den Soll-Zustand zu bestimmen und dann den Weg der Veränderung von Ist zu Soll zu planen. Bei großen Veränderungsprojekten umfasst dies mehrere Teilprojekte und Meilensteine sowie die Durchführung über ein zentrales "Programmbüro", das an die oberste Führungsebene berichtet. Diese Art der Veränderungsplanung wird in der Regel von einem kleinen Team aus leitenden Angestellten oder "High Potentials" durchgeführt – manchmal mit Hilfe externer Beraterinnen. Wenn ihr Plan von der obersten Führungsebene genehmigt ist, wird er im gesamten Unternehmen kommuniziert und oft mit einer "brennenden" Botschaft versehen: „Wir müssen jetzt handeln, sonst sind wir dem Untergang geweiht!" Dies rührt aus dem Glauben, man müsse die notwendige Motivation für den Wandel schaffen. In Übereinstimmung mit der orangen Metapher des Unternehmens als Maschine ist die Formulierung "den Wandel vorantreiben" üblich. Mit anderen Worten: Der Wandel wird mit den Menschen gemacht, nicht durch die Menschen.

Grüne Organisationen

Grüne Organisationen setzen stärker auf Konsens. Wenn nur eine Handvoll Menschen den künftigen Zustand und den Veränderungsprozess gestalten, passt das nicht zum grünen Ideal der Befähigung. Es werden wahrscheinlich mehr Menschen einbezogen. Dies könnte in Form von Gruppen-Workshops unter Beteiligung eines Großteils der Belegschaft und durch innovative Moderationstechniken geschehen (z. B. Appreciative Inquiry, Theory U, Open Space usw.). Die hierarchische Struktur der Organisation wird vorübergehend aufgelöst, um Raum für einen organischen Prozess der kollektiven Intelligenz zu schaffen. Die Ergebnisse werden dann in die traditionellen Strukturen und Prozesse der Organisation zurückgeführt. Eine größere Anzahl von Mitarbeitenden in die Planung von Veränderungen einzubeziehen, kann für die Führungsebene riskant anmuten: Was ist, wenn sich die Gruppe in eine Richtung bewegt, die man nicht will? Tendenziell steigert dies jedoch die Zustimmung der Mitarbeitenden und verbessert Entwürfe für die Zukunft, indem die Erkenntnisse der kollektiven Intelligenz berücksichtigt werden.

In der Praxis

Veränderungsmanagement ist in Teal-Organisationen weniger ein Thema. Der Wandel vollzieht sich in der Regel natürlicher, kontinuierlicher und mit weniger Aufwand oder Management. Es handelt sich um einen evolutionären Prozess, der von jedem initiiert und gesteuert werden kann. Während sich die Organisation entwickelt, verändert sie sich nahezu täglich, und es besteht nur selten die Notwendigkeit für größere Überarbeitungen oder drastische Change-Management-Programme. Change Management als solches wird nicht mehr benötigt.

Beständiger Wandel

Wenn man sich Teal-Organisationen als lebende Systeme vorstellt, lässt sich besser erklären, wie sich der Wandel in ihnen vollzieht. Lebende Systeme haben die Fähigkeit, Veränderungen in ihrer Umwelt wahrzunehmen und sich anzupassen. Sie reagieren kreativ im jeweiligen Moment. Teal-Organisationen gehen ähnlich mit Veränderungen um. Den Menschen steht frei, das zu tun, was sie für notwendig halten. Sie sind nicht durch statische Stellenbeschreibungen, Berichtslinien und Funktionseinheiten eingeschränkt. Sie können auf neue Ereignisse reagieren. Spezifische, in der Organisation verankerte Methoden geben den Menschen die Möglichkeit, sich nach dem Zweck der Organisation und möglicherweise erforderlichen Veränderungen zu richten. Wenn jeder die Freiheit hat, die Notwendigkeit von Veränderungen zu erkennen und danach zu handeln, ist der Wandel eine Selbstverständlichkeit. Er vollzieht sich natürlich, überall und ständig sowie meistens ohne große Schmerzen oder Anstrengungen. Umfassendere Umwälzungen, wie wir sie aus traditionelleren Organisationen kennen, gibt es kaum.

Wenn große Veränderungen erforderlich sind

Selbst in den seltenen Fällen, in denen große Veränderungen erforderlich sind, bemühen sich Teal-Organisationen automatisch darum, alle Betroffenen und Beteiligten in die Bestimmung einer geeigneten Reaktion einzubeziehen. In den meisten Fällen werden Teal-Organisationen den Beratungsprozess aufrechterhalten, selbst wenn dies bedeutet, dass die gesamte Organisation einbezogen werden muss. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kollegen in den meisten Fällen die Reife haben, sich auch an schmerzhaften Entscheidungen zu beteiligen, und den Einfallsreichtum, kreative Lösungen zu finden.

Wenn viele Mitarbeitende beteiligt sind, können Großgruppenprozesse wie Theory U, Appreciative Inquiry, Open Space u.ä. eingesetzt werden, um ein kollektives Verständnis und eine Zukunftsvision zu entwickeln. Inwieweit müssen Veränderungsprojekte dann formell vor- und nachbereitet werden? Wie so oft im Teal-Paradigma folgt die Form der Funktion. Wenn es beispielsweise viele Abhängigkeiten, knappe Fristen oder ein hohes Risiko gibt, kann eine formellere Planung und Nachbereitung erforderlich sein. In anderen Fällen reicht ein gemeinsames, klares Verständnis von der Zukunft aus. Arbeitsgruppen starten die notwendigen Projekte, um die gemeinsame Vision zu verwirklichen. Gelingt dies nicht, korrigiert sich das System von selbst: Jemand meldet sich zu Wort und initiiert weitere Veränderungen.

Häufig gestellte Fragen

Teal-Organisationen neigen dazu, sich kontinuierlich an kleine Veränderungen in ihrem Umfeld anzupassen. Manchmal gelingt es der Organisation jedoch nicht, mit einer Reihe an Veränderungen Schritt zu halten, die sich im Laufe der Zeit anhäufen. In anderen Fällen kommt es zu einer plötzlichen, externen Erschütterung (z. B. wenn der größte Kunde in Konkurs geht oder sich eine wichtige Vorschrift ändert). Unter solchen Umständen können drastische und zügige Maßnahmen erforderlich sein, die eine Unterbrechung des Beratungsprozesses und schnelle Entscheidungen durch eine kleine Gruppe von Personen oder sogar eine Einzelperson verlangen. Es wird jedoch allen klar gemacht, dass eine solche Aussetzung nur vorübergehender Natur ist.

Siehe "Krisenmanagement".

Alle drei Elemente unterstützen einen fließenden, organischen Ansatz für Veränderungen, so dass ein "Veränderungsmanagement" weitgehend irrelevant ist.

Selbstorganisation

Selbstorganisation ermutigt alle zu erkennen, wann eine Veränderung notwendig ist, und selbst die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung zu ergreifen. Die Menschen warten nicht mehr auf ein Mandat für Veränderung von einer höheren Instanz.

Ganzheitlichkeit

Je ganzheitlicher Mitarbeitende bei der Arbeit sein können, desto besser nehmen sie Veränderungen im Umfeld wahr und erkennen die Erfordernisse im Sinne des Unternehmenszwecks. In einem Umfeld, das Sicherheit und Vertrauen bietet, ist es auch leichter, andere für die Notwendigkeit von Veränderungen zu gewinnen, insbesondere wenn die vorgeschlagene Veränderung riskant oder schmerzhaft sein könnte.

Evolutionärer Zweck

Frühere Organisationsparadigmen (Vorhersage und Kontrolle) gehen davon aus, dass es der obersten Führungsebene obliegt, die Ziele der Organisation festzulegen und die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Solange das Handeln der Mitarbeiter durch das "Hören" auf den Zweck der Organisation und das Wahrnehmen von bzw. Reagieren auf Veränderungen im Umfeld gerichtet wird, besteht nach Teal kein Bedarf an "Change Management".

Konkrete Fälle als Inspiration

Bei Buurtzorg geschieht der Wandel organisch.

Buurtzorg entstand nicht nur aus Frustration über die Art und Weise, wie Krankenpflegeunternehmen in den Niederlanden einen edlen Beruf in eine Reihe sinnloser Aufgaben aufgesplittert hatten. Es entstand auch aus einer neuen, umfassenderen Sichtweise der Nachbarschaftspflege. Der Zweck der Pflege besteht nicht darin, Medikamente zu verabreichen oder einen Verband zu wechseln, sondern Menschen dabei zu helfen, ein reiches, sinnvolles und autonomes Leben zu führen, soweit dies möglich ist. Im Rahmen dieser weit gefassten Definition entwickelt sich Buurtzorg ständig weiter und bewegt sich dorthin, wo es sich berufen fühlt. Vor nicht allzu langer Zeit hat ein Team auf dem Lande ein neues Konzept entwickelt: eine Pension für Patienten, um der Hauptpflegeperson eine Pause zu ermöglichen. Bei den meisten Patienten übernimmt Buurtzorg die medizinische Versorgung, aber die eigentliche Hauptpflegeperson ist jemand anderes - oft der Ehemann oder die Ehefrau des Patienten, manchmal auch das Kind des Patienten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Ehemann oder die Ehefrau, die oft auch älter sind, durch die ständigen Bedürfnisse der Patienten, manchmal 24 Stunden am Tag, erschöpft sind. Wenn die Belastung zu groß wird, kann auch der Pflegende krank werden. Wäre es nicht wunderbar, so dachte ein Team von Krankenschwestern, wenn wir einen Ort hätten, an dem wir unsere Patienten für einen oder zwei Tage oder sogar eine Woche aufnehmen könnten - eine Art Bett und Frühstück und Mittagessen und Abendessen und Betreuung -, damit die Hauptpflegeperson eine Pause einlegen und sich ausruhen kann? Eine der Krankenschwestern hatte ein kleines Bauernhaus auf dem Lande geerbt. Gemeinsam verwandelte das Team es in eine Buurtzorg-Pension. Auf einer anschließenden Betriebsversammlung stellte das Team sein Konzept allen Kollegen vor. Es wurde ihnen jedoch überlassen zu entscheiden, ob sie sich berufen fühlten, ihre eigenen Pensionen zu gründen. Niemand bei Buurtzorg, nicht einmal Jos de Blok, der Gründer, hat im Namen des Unternehmens gesagt: "Ja, das passt zum Zweck von Buurtzorg, also werden wir Dutzende von Pensionen einrichten, und hier ist das Budget, das wir dafür bereitstellen werden", oder "Nein, das passt nicht in den Rahmen von Buurtzorg. Wir sollten das nicht weiterverfolgen." Die Idee der Pensionen wurde ihrem eigenen Lauf überlassen. Wenn es so sein sollte, würde es Krankenschwestern anziehen, um es zu verwirklichen und Buurtzorg in eine neue Dimension der Pflege zu führen. Andernfalls würde es ein Experiment im kleinen Rahmen bleiben.[3]

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    Anmerkungen und Referenzen


    1. Übersetzt aus: Laloux, Frederic (2014-02-09). Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Schaffung von Organisationen, die von der nächsten Stufe des menschlichen Bewusstseins inspiriert sind (Kindle Locations 4671-4688). Nelson Parker. Kindle Edition ↩︎

    2. Bekannte Theorien, die zur Erleichterung des organisatorischen Wandels entwickelt wurden, findet man z. B. in Kurt Lewins dreistufigem Modell des Wandels und John Kotters achtstufigem Prozess zur Führung von Veränderungen. ↩︎

    3. Übersetzt aus Laloux, Frederic (2014-02-09). Reinventing Organizations: A Guide to Creating Organizations Inspired by the Next Stage of Human Consciousness (Kindle Locations 4334-4351). Nelson Parker. Kindle Edition: ↩︎