Morning Star

Die Morning Star Company ist ein in Kalifornien ansässiges Unternehmen der Agrarindustrie und Lebensmittelverarbeitung. Morning Star verarbeitet 25% der kalifornischen Tomaten und hat in der industriellen Fertigung von Tomatenmark und -würfeln einen Marktanteil von ca. 40%.

Wikipedia Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Morning_Star_Company

  • C. Manufacturing
  • USA
  • 201-500

  • Profit

Teal Praktiken

Die Grundprinzipien für die Arbeitsweise von Morning Star wurden schon früh in der Unternehmensgeschichte festgelegt. Als die erste Tomatenfabrik gebaut wurde, trafen sich Chris Rufer und die ersten Mitarbeitenden des Unternehmens, um ihre Art der Zusammenarbeit zu definieren. Sie beschlossen, dass zwei grundlegende Prinzipien und soziale Werte jede Managementpraxis bei Morning Star bestimmen: Menschen sollten zum einen niemals Gewalt gegen andere ausüben und zum anderen ihren Verpflichtungen nachkommen. Diese Grundsätze sind der Kern des Konfliktlösungsprozesses im Unternehmen. Dieser wird in den Mitarbeiterprinzipien (Colleague Principles), einem zentralen Dokument der Selbstorganisation bei Morning Star, detailliert beschrieben.

Mitarbeitenden bei Morning Star fiel auf, dass Gewindesicherung (ein Klebstoff, der verhindert, dass sich Schrauben und Muttern versehentlich lösen) in Dutzenden von verschiedenen Formaten und von unterschiedlichen Anbietern gekauft wurde. Dadurch gingen nicht nur Mengenrabatte verloren. Der unkoordinierte Einkauf verursachte auch unnötigen bürokratischen Aufwand, da in der Lebensmittelindustrie vorgeschrieben ist, jedes Format in einem Sicherheitsdatenblatt zu erfassen. Ein Mitarbeiter schlug vor, dass er einmal im Quartal durch das Werk gehen könnte, um die Bestellungen zu koordinieren. Eine ähnliche Lösung ergab sich für den Einkauf von Verpackungsmaterial, wo sich Mengenrabatte schnell summieren können.[1]

Ein weiterer wichtiger Mechanismus für die Koordination bei Morning Star ist CLOU (Colleague Letter of Understanding). Siehe „[Rollendefinition und -zuweisung] (https://reinventingorganizationswiki.com/theory/role-definition-and-allocation/)" (Role Definition and Allocation) und dann „Konkrete Beispiele zur Inspiration"/"Morning Star" (Concrete examples for inspiration”/”Morningstar”).

Als Mitarbeitender bei Morning Star verfassen Sie eine persönliche Aufgabenbeschreibung (Personal Commercial Mission) und legen alle Rollen, zu deren Ausübung Sie sich verpflichten, in einem Dokument namens CLOU (Colleague Letter of Understanding) fest. Die Rollen bei Morning Star sind sehr spezifisch, so dass Sie durchaus 20 oder 30 verschiedene Rollen innehaben können. Eine davon könnte „Empfänger von Tomaten an der Entladestation“ sein, eine andere „Ausbilderin der saisonalen Sortierer“). Für jede Rolle geben Sie an:

  • welche Aufgaben dazugehören,
  • welche Befugnisse Sie Ihrer Meinung nach haben sollten (handeln, empfehlen, entscheiden oder eine Kombination daraus),
  • welche Indikatoren Ihnen helfen zu verstehen, ob Sie gute Arbeit leisten, und
  • welche Verbesserungen Sie bei diesen Indikatoren anstreben.

In einem kontinuierlichen Prozess wie dem von Morning Star erhält jede Person in der Produktionskette Tomaten oder Tomatenmark in irgendeiner Form von einer vorgelagerten Station bzw. Person und liefert sie in einer anderen Form an eine nachgelagerte Station bzw. Person. Dies könnte erklären, warum die Mitarbeitenden bei Morning Star die CLOUs, sobald sie geschrieben oder aktualisiert sind, nicht im Team diskutieren, sondern in Einzelgesprächen mit in der Kette vor- und nachgelagert arbeitenden Kollegen.

Hier ist ein Beispiel für ein CLOU-Dokument (Link zu korrigieren).

Eine ausführlichere Diskussion über CLOUs finden Sie hier.

Ein Artikel auf dem Corporate Rebels Blog beschreibt die Bedingungen für das reibungslose Funktionieren des Selbstmanagements bei Morning Star.

Bei Morning Star gibt es 23 Teams (Business Units), aber keine Führungspositionen und keine Personalabteilung. Die Mitarbeitenden agieren ausschließlich nach den Prinzipien der Selbstorganisation, die schon früh in der Unternehmensgeschichte festgelegt wurden. Als die erste Tomatenfabrik gebaut wurde, trafen sich Chris Rufer und die ersten Mitarbeitenden des Unternehmens, um ihre Art der Zusammenarbeit zu definieren. Sie beschlossen, dass zwei grundlegende Prinzipien und soziale Werte jede Managementpraxis bei Morning Star bestimmen: Menschen sollten zum einen niemals Gewalt gegen andere ausüben und zum anderen ihren Verpflichtungen nachkommen. Diese Grundsätze sind der Kern des Konfliktlösungsprozesses im Unternehmen. Dieser wird in den Mitarbeiterprinzipien (Colleague Principles), einem zentralen Dokument der Selbstorganisation bei Morning Star, detailliert beschrieben. Der Konfliktlösungsprozess (Direct Communication and Gaining Agreement) gilt für jede Form von Uneinigkeit. Dabei kann es sich um eine Meinungsverschiedenheit über eine technische Entscheidung, einen zwischenmenschlichen Konflikt oder einen Verstoß gegen die Werte handeln. Insbesondere kann der Prozess bei Leistungsproblemen eingesetzt werden, wenn jemand der Meinung ist, dass ein anderer seinen Beitrag nicht liefert.

Unabhängig vom Thema beginnt der Prozess damit, dass eine Person eine andere um Zustimmung bittet: In der ersten Phase setzen sie sich zusammen und versuchen, die Angelegenheit unter vier Augen zu klären. Die Initiatorin muss eine klare Bitte äußern (kein Urteil, keine Forderung), und die andere Person muss klar auf die Bitte reagieren (mit Ja, Nein oder einem Gegenvorschlag).

Wenn sie keine für beide akzeptable Lösung finden, ernennen sie einen Kollegen, dem sie vertrauen, zum Mediator. Dieser unterstützt die Parteien bei der Einigung, kann jedoch keine Lösung aufzwingen.

Scheitert die Mediation, wird ein Gremium aus Personen einberufen, die mit dem Thema zu tun haben. Auch hier besteht die Aufgabe des Gremiums darin, zuzuhören und zu einer Einigung beizutragen. Es kann keine Entscheidung erzwingen, hat aber in der Regel ausreichend moralisches Gewicht, um die Angelegenheit zu einem Abschluss zu bringen.

In einem letzten Schritt wird Chris Rufer, der Gründer und Präsident, vom Gremium einberufen, um dieses Gewicht zu verstärken. Da es sich um eine nicht öffentliche Meinungsverschiedenheit handelt, wird von allen Parteien erwartet, dass sie während und nach dem Verfahren Vertraulichkeit wahren. Diese gilt natürlich auch für die beiden Personen, die im Mittelpunkt des Konflikts stehen. Sie müssen ihre Meinungsverschiedenheiten unter sich ausmachen und werden davon abgehalten, den Konflikt durch das Anwerben von Unterstützung und die Bildung rivalisierender Fraktionen auszuweiten.

Siehe auch: Artikel von Corporate Rebels über Morning Star Konflikte mit dem Accountability Process behandeln.

Chris Rufer, der Gründer von Morning Star, schätzt, dass ein Neuling im Schnitt ein Jahr oder länger braucht, um in der Selbstorganisation voll funktionsfähig zu sein. Als das Unternehmen kleiner war, verbrachte Chris Rufer einen halben Tag in Vorstellungsgesprächen mit jedem potenziellen Mitarbeitenden – in der Regel bei ihnen zu Hause. Der größte Teil des Gesprächs konzentrierte sich darauf, die Passung zwischen der Philosophie von Morning Star und den Erwartungen des Kandidaten zu ermitteln. Heute erhält jeder potenzielle Mitarbeitende eine zweistündige Einführung in Selbstmanagement und wird von 10 bis 12 Personen aus dem Kollegenkreis interviewt. Und selbst dann passieren Fehler. Paul Green Jr., Mitbegründer des Unternehmens, schätzt, dass bis zu 50% der neu eingestellten Mitarbeitenden innerhalb von zwei Jahren wieder gehen, weil ihnen die Anpassung an das Selbstmanagementsystem schwerfällt.

Wer die Belegschaft eines Geschäftsbereichs erweitern möchte, muss erst den Kollegenkreis von dieser Idee überzeugen. Dieser wird um eine Stellenbeschreibung und einen Business Case bitten. Wenn es einen Konsens gibt, wird eine interne Spezialistin mit der Personalbeschaffung beauftragt.

Der Schwerpunkt liegt auf der Eignung für die Rolle und für das Unternehmen, wobei Lernleidenschaft besonders wichtig ist.

Die Arbeitszeitverpflichtung legt fest, wie viele Stunden eine Person in der Haupt- und Nebensaison (wenn die Tomaten geerntet und verarbeitet werden) eingesetzt werden kann. Sie bietet eine klare Grundlage, auf der die Mitarbeitenden ihre Zeit besprechen und verwalten können, während sie gleichzeitig die Ziele der Organisation erfüllen. Die Arbeitszeitverpflichtung wird im CLOU (Colleague Letter of Understanding) festgehalten. Dieser enthält zudem ein persönliches Leitbild und detaillierte Informationen über die Aufgaben, zu denen sich eine Person verpflichtet, sowie über die Verbesserungen, die sie zu erreichen hofft. Diese formellere Art der Erfassung des Engagements kommt dem Bedürfnis von Morning Star nach kontinuierlicher Verbesserung in Sachen Effizienzsteigerung entgegen, da es sich im Wesentlichen um ein Geschäft mit geringer Gewinnspanne handelt.[2]

Als Mitarbeitender bei Morning Star verfassen Sie eine persönliche Aufgabenbeschreibung (Personal Commercial Mission) und legen alle Rollen, zu deren Ausübung Sie sich verpflichten, in einem Dokument namens CLOU (Colleague Letter of Understanding) fest. Die Rollen bei Morning Star sind sehr spezifisch, so dass Sie durchaus 20 oder 30 verschiedene Rollen innehaben können. Eine davon könnte „Empfänger von Tomaten an der Entladestation“ sein, eine andere „Ausbilderin der saisonalen Sortierer“). Für jede Rolle geben Sie an, welche Aufgaben dazugehören, welche Befugnisse Sie Ihrer Meinung nach haben sollten (handeln, empfehlen, entscheiden oder eine Kombination daraus), welche Indikatoren Ihnen helfen zu verstehen, ob Sie gute Arbeit leisten, und welche Verbesserungen Sie bei diesen Indikatoren anstreben.

Warum dieser Grad an Formalität und Detailtiefe? In einem kontinuierlichen Prozess wie dem von Morning Star erhält jede Person in der Produktionskette Tomaten oder Tomatenmark in irgendeiner Form von einer vorgelagerten Station bzw. Person und liefert sie in einer anderen Form an eine nachgelagerte Station bzw. Person. Deshalb haben die Mitarbeitenden bei Morning Star entschieden, die CLOUs, sobald sie geschrieben oder aktualisiert sind, nicht im Team zu diskutieren (wie es in den meisten selbstorganisierten Unternehmen üblich ist), sondern in Einzelgesprächen mit denjenigen, mit denen die betreffende Person am meisten zu tun hat. Man diskutiert und verhandelt sehr intensiv, was in den CLOU-Dokumenten der anderen steht und will sichergehen, dass die vorgelagerten Personen sich verpflichten, den richtigen Input zu liefern, damit man selbst den nachgelagerten Personen das liefern kann, wozu man sich verpflichtet hat.

Die Mitarbeitenden bei Morning Star setzen sich selbst Ziele für ihren Teil des Prozesses, um eine kontinuierliche Verbesserung anzuregen. Sie messen Indikatoren, vergleichen sie mit den selbst gesetzten Zielen, analysieren die Ursachen und experimentieren mit neuen Ideen. Diese Ziele werden meist auf lokaler Ebene für eine Maschine oder einen Prozessschritt festgelegt, bei dem die Ergebnisse mit gewisser Sicherheit vorhergesagt werden können.

Morning Star Teams, die sehr unterschiedliche Arbeiten verrichten (z. B. Tomatensortierung, Dampferzeugung und Verpackung), tauschen keine Messdaten aus, um ein Feedback zu ihrer Leistung zu erhalten. Stattdessen präsentiert jedes Team eine jährliche Selbstbewertung in einer Kollegengruppe. Zu dieser gehören Chris Rufer, der Präsident, und alle, die sich beteiligen möchten. Es wird erwartet, dass ein Team offen darüber spricht, was gut gelaufen ist und was nicht, wie gut sie die Unternehmensressourcen genutzt und welche Pläne sie für das kommende Jahr haben. Jede Präsentation dauert mehrere Stunden und wird sorgfältig vorbereitet. Die Teams erwarten unbequeme Fragen aus dem Kollegenkreis und erhalten viele Anregungen. So können sie überprüfen, was sie getan haben, und ihre Pläne verfeinern.[3]

Wenn Sie bei Morning Star arbeiten, schreiben Sie einmal im Jahr zusammen mit allen anderen einen Brief, in dem Sie die eigene, aus Ihrer Sicht angemessene Gehaltserhöhung angeben und begründen. In einem ereignislosen Jahr werden Sie wahrscheinlich eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten wählen. Wenn Sie jedoch der Meinung sind, dass Sie anspruchsvollere Aufgaben übernommen oder einen besonderen Beitrag geleistet haben, können Sie einen höheren Prozentsatz bestimmen. Sie untermauern das Schreiben mit dem Feedback Ihrer CLOU-Kollegen (d.h. den Personen, mit denen Sie ein Jahr zuvor Einzelvereinbarungen getroffen haben) sowie mit allen relevanten Daten zu den Leistungsindikatoren in Ihrer Verantwortung.

Anschließend senden Sie Ihr Schreiben an den Vergütungsausschuss. An jedem der vier Standorte des Unternehmens gibt es einen solchen Ausschuss. Seine Aufgabe besteht darin, alle Schreiben zu prüfen, zu bewerten und zu kommentieren. Der Ausschuss könnte zu dem Schluss kommen, dass Sie zu bescheiden mit Ihren Leistungen waren und eine höhere Gehaltsanpassung in Betracht ziehen sollten. Oder er sagt Ihnen, dass die selbst gewählte Gehaltserhöhung im Vergleich mit anderen zu hoch erscheint. Der Ausschuss hat nur beratende Funktion und kann keine Entscheidung erzwingen, aber das Verfahren zur Gehaltsfindung wird als Teil des Morning Star Prozesses zum Erlangen von Einvernehmen (Gaining Agreement) verstanden. Wenn Sie den Rat des Ausschusses, Ihre Gehaltsvorstellung zu senken, ignorieren, kann der Ausschuss beschließen, mit Ihnen den Gaining Agreement Prozess zwecks Konfliktlösung zu starten mit Raum und Zeit für eine eingehendere Untersuchung, wo die Einschätzungen voneinander abweichen, und mit dem Ziel einer Einigung.

Morning Star hat die Erfahrung gemacht, dass Menschen bemerkenswert geschickt darin sind, eine faire Vergütung für sich selbst zu finden. Jedes Jahr entscheidet sich etwa ein Viertel der Mitarbeitenden für eine Gehaltserhöhung, die über dem Teuerungsausgleich liegt. Nur wenige Leute erhalten die Rückmeldung, dass sie möglicherweise zu hoch gegriffen haben. [4]

Der Artikel von Corporate Rebels über selbstbestimmte Gehälter beschreibt den Vergütungsausschuss bei Morning Star: https://corporate-rebels.com/self-set-salaries/

Bei Morning Star präsentieren die Teams jedes Jahr im Januar einer Gruppe von Kollegen und Chris Rufer (Gründer und Präsident) eine Selbsteinschätzung. Von den Teams wird erwartet, dass sie offen darüber sprechen, was im vergangenen Jahr gut gelaufen ist und was nicht, wie effektiv sie Unternehmensressourcen genutzt haben und was sie im nächsten Jahr zu tun gedenken. Das ist kein Spaziergang. Jede Präsentation dauert einige Stunden, und die Teams müssen mit herausfordernden, manchmal bohrenden Fragen ihrer Kolleginnen rechnen. Im Laufe eines Monats halten alle Teams solche Präsentationen. Teams, die nicht so gut abgeschnitten haben, erhalten viel Input und kennen ihre Hausaufgaben.[5]

1. Individuen sollen ohne Anwendung von Gewalt oder Zwang arbeiten. 2. Individuen sollen ihren Verpflichtungen nachkommen.

Chris Rufer gründete Morningstar 1970, besitzt bis heute 100% des Unternehmens und ist der einzige Vorstand. Er erkannte die potenziellen Gefahren durch Partner, die sein Streben nach Selbstorganisation nicht bedingungslos unterstützen würden. Daher hat er auf weitere Investoren verzichtet und stattdessen zwecks Finanzierung des Wachstums auf Kredite gesetzt. Es ist ungewöhnlich, auf diese Weise von einem Ein-Lkw-Betrieb zum weltgrößten Tomatenverarbeiter zu werden (ein traditionell margenschwaches und kapitalintensives Geschäft). Chris würde jedoch vermutlich behaupten, dass dies für seinen Erfolg unerlässlich ist.[6]

Vor einigen Jahren, noch vor dem Aufkommen interner sozialer Netzwerke, sah Chris Rufer (Gründer, Eigentümer und CEO von Morning Star), dass eine neue strategische Ausrichtung bei Morning Star nötig war. Er verfasste ein Memo an die gesamte Belegschaft mit einer Einladung zu einem unternehmensweiten Meeting. Die verschiedenen Standorte waren per Videokonferenz zugeschaltet. Er teilte seine Idee und die Gründe dafür mit. Er bat alle, ihn nach dem Treffen persönlich zu kontaktieren, wenn sie Fragen, Bedenken, Kommentare oder Ratschläge zu seinen Plänen hätten.

Bei Morning Star ist das Verfahren fast identisch mit dem von Buurtzorg, nur dass es von einer Einzelperson und nicht von einem Team eingeleitet wird. Morning Star betrachtet eine Kündigung als letzten Schritt in einem Konflikt und nutzt daher zur Bewältigung seinen Konfliktlösungsprozess. Dieser beginnt, wenn eine Person eine andere bittet, die Organisation zu verlassen. Angenommen, jemand stellt fest, dass ein Kollege fundamental gegen einen Unternehmenswert verstoßen hat. Vielleicht hat die Person eine wichtige Entscheidung getroffen, ohne die anderen um Rat zu fragen. Oder eine Kollegin kommt trotz mehrfacher Versuche, die Situation zu verbessern, ihren Verpflichtungen immer wieder nicht nach. Der Initiator kann einen Konfliktlösungsprozess einleiten und die Kollegin auffordern zu gehen. Wenn die Person, die zum Rücktritt aufgefordert wird, nicht einverstanden ist, beginnt ein vierstufiges Konfliktlösungsverfahren:

In einer ersten Phase setzen sich die beiden Parteien zusammen und versuchen, den Konflikt zu lösen. In der Diskussion kann die zur Kündigung aufgeforderte Person Vorschläge machen, wie das Vertrauen wiederhergestellt werden könnte. Vielleicht erkennt sie aber auch, dass das Vertrauen im Kollegenkreis unwiderruflich verloren und es besser ist, sich eine andere Arbeit zu suchen. Wenn sie sich nicht einigen können, wird das Gespräch unter Mediation durch eine weitere Person fortgesetzt. Falls erforderlich, wird in einem dritten Schritt ein Gremium mehrerer Kollegen um Vermittlung gebeten. Als letzter Ausweg wird Chris Rufer, der Gründer und Präsident, gebeten, dem Gremium beizutreten. Die Personen, die um Vermittlung oder Mitarbeit im Gremium gebeten werden, nehmen ihre Rolle sehr ernst. Der Grundsatz von Morning Star, gegen niemanden Gewalt anzuwenden, steht auf dem Spiel. Das Gremium ist kein Gericht, das ein Urteil über jemanden fällt. Seine Aufgabe ist es, alle Möglichkeiten auszuloten, um das Vertrauen in die Beziehung wiederherzustellen. Dieser Prozess kann bei Bedarf sehr lange dauern. Erst wenn die zum Gehen aufgeforderte Person sieht, dass die Kollegen alles versucht haben, um eine Lösung zu finden, und es keine gibt, wird sie akzeptieren, dass die Kündigung der einzig vernünftige Schritt ist. Darin liegen die Stärke und die Legitimität des Prozesses.

Da Morning Star eine Kündigung als einen nicht öffentlichen Konflikt zwischen zwei Personen betrachtet, gilt für alle Beteiligten höchste Vertraulichkeitsstufe (wie immer bei einer Konfliktlösung). Folglich gibt es keine Daten darüber, wie oft dies geschieht. Einige Führungskräfte berichten, dass sie im Laufe der Jahre Teil einiger weniger Gremien waren. Sie befürworten die Vorgehensweise. Die Diskussionen sind nie einfach, berichten sie, aber sie helfen den Menschen, faire und vernünftige Ergebnisse zu erzielen.[7]

Anmerkungen und Referenzen


  1. übersetzt aus: Laloux, Frederic (2014-02-09). Reinventing Organizations: A Guide to Creating Organizations Inspired by the Next Stage of Human Consciousness (Kindle Locations 2394-2395). Nelson Parker. Kindle Edition. ↩︎

  2. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), S. 182f. ↩︎

  3. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), S. 124f. ↩︎

  4. Gary Hamel, "First, Let's Fire All the Managers", Harvard Business Review, Dezember 2011, http://hbr.org/2011/12/first-lets-fire-all-the-managers und Interviews mit Frederic Laloux beim Morning Star Self-Management Institute. ↩︎

  5. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), S. 125 ↩︎

  6. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), S. 289 ↩︎

  7. übersetzt aus: Laloux, Frederic. Reinventing Organizations. Nelson Parker (2014), S. 128f. ↩︎